Tagung: Frauen gründen Start-Ups – Potentiale, Erfolge, Hürden
Frauen gründen seltener als Männer ein eigenes Unternehmen. Aber wenn sie es tun, dann sind sie in der Regel erfolgreicher als ihre männlichen Kollegen. Was den Erfolg von Frauen ausmacht und wie sie die Hürden meistern, aber auch welche Barrieren sie daran hindern, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und ein Start-up zu gründen – um diese Fragen ging es im Studienteil der Tagung des Ständigen Ausschusses Frauen und Erwerbsarbeit, die vom 17. bis 19. März im Erbacher Hof in Mainz stattfand.
Den Auftakt gestaltete die Wirtschaftsjournalistin Astrid Zehbe aus Berlin, die gemeinsam mit einer Mitstreiterin die Media Agentur „Fresh & Furious“ aufgebaut hat. Als Initialzündung für ihre berufliche Neuorientierung bezeichnete sie die Erfahrung während ihrer eigenen Elternzeit, dass viele Frauen ihren Job und ihre Karriere mit der Geburt des ersten Kindes an den Nagel hingen und finanzielle Anhängigkeiten und Altersarmut sehenden Auges in Kauf nähmen. Die Idee zu der ersten Frauenzeitschrift für Finanzen und Karriere war geboren.
Mit dem Magazin „Finanzielle“ ermutigt das Gründer-Duo vorrangig Frauen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen, Karriereschritte zu wagen und eigene Ideen umzusetzen. Viele Gründe sprechen aus Sicht der Referentin für eine Selbständigkeit, wenn das Konzept stimme und die Gründung gut vorbereitet sei: schnellere Entscheidungen, mehr Gestaltungsfreiraum und Kreativität, finanzielle Attraktivität und persönliche Weiterentwicklung. Wichtig seien dabei vor allem Existenzgründerseminare, gute Netzwerke, ein Notgroschen und nicht zuletzt Mut, Ideen und Resilienz.
Dass nur ein Fünftel aller Gründungen von Frauen vorgenommen würde, liegt für Zehbe vor allem an überkommenen gesellschaftlichen Normen und Rollenbildern, die diese Option für Frauen gar nicht vorsahen, so dass es kaum Vorbilder gibt. Mangelnde Netzwerke, Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der fehlende Zugang zu Finanzmitteln, die eher an Männer vergeben werden, tun ihr Übriges dazu. An all diesen Stellschrauben gelte es zu drehen, damit Frauen ihre Potentiale ausschöpfen können und den Mut finden durchzustarten. Denn dass sie es können, stehe außer Frage. Ihre Erfolge beruhten vor allem darauf, dass sie mehr Diversität zuließen, auf Teamwork und Nachhaltigkeit setzten und Risiken besser abschätzten.
Auch die zweite Referentin Nadine Stalpes, die sich zunächst mit einem Unternehmen für „Yoga, Persönlichkeitsentwicklung & Gesundheit“ selbständig gemacht hatte, bestätigte vieler dieser Erfahrungen. Sie hat aber darüber hinaus noch einen anderen Weg eingeschlagen, der das gemeinschaftsbasierte Wirtschaften in den Mittelpunkt stellt. Dieses Wirtschaftsmodell, das seinen Ursprung in der solidarischen Landwirtschaft hat, richtet den Fokus weniger auf Gewinnmaximierung als auf eine positive, soziale Wirkung für die Gesellschaft. In dem Bildungs- und Kooperationsnetzwerk „Myzelium“ berät und begleitet Nadine Stalpes Menschen bei der Konzeptentwicklung und dem Aufbau einer Gemeinschaft für solidarische Unternehmen oder Projekte; mit „Eifel-Myzel“ hat sie zudem ein eigenes Unternehmen zur Unterstützung solcher Vorhaben in ihrer Heimat gegründet. Aus ihrer Sicht werden Frauen im gemeinschaftsbasierten Wirtschaften mit ihren Kompetenzen und Bedürfnissen stärker wahrgenommen als in der Marktwirtschaft. Aber auch hier gebe es noch Nachholbedarf, beispielsweise mit Blick auf die Care-Arbeit, die Frauen leisteten.
Die Inhalte der Tagung haben die Delegierten des Ständigen Ausschusses Frauen und Erwerbsarbeit einmal mehr darin bestätigt, dass traditionelle Rollenbilder bis heute in den Erwerbsbiografien von Frauen nachwirken und diese in ihrer Entfaltung behindern. „Das zu verändern, daran wollen wir auch in Zukunft weiter arbeiten“, betonten die wiedergewählte Sprecherin Petra Löwenbrück und ihre Stellvertreterin Veronika Pütker zum Abschluss der Tagung.
Beate Behrendt-Weiß